wOrte, 2020

wORTE | 2020 | WERKREIHE WORTE | Künster*innenbuch

wOrte ist eine poetische Forschungsarbeit über das Erinnern, Verdrängen, Schreiben und Einschreiben einer deutschen Familiengeschichte im Spannungsverhältnis von Wiederholung und dramaturgischer Entwicklung. Es stellt die Frage, inwiefern in den Familien langanhaltende Verdrängungsmechanismen nach wie vor wirksam sind und die heutige Lebensrealität prägen, wenn es um die Aufarbeitung des Nationalsozialismus geht. Aus fragmentarischen Erinnerungen, Beobachtungen, Gedanken und Imaginationen entsteht die Innenansicht einer Familiengeschichte im langen Schatten des Zweiten Weltkrieges und reflektiert dabei gleichzeitig den Schreibprozess einer autobiografischen Fiktion. Die Texte durchstreifen dabei ein Haus und seine Räume, in denen sich die Erinnerungen immer wieder neu einschreiben und verschieben. Das Künstler*innenbuch wOrte ist in seiner Gestaltung als ein skulpturales Objekt zu verstehen, das man auf verschiedene Weise rezipieren und durchschreiten kann. Es verortet sich im Grenzbereich von Literatur und Kunst und verbindet Form und Inhalt untrennbar miteinander. Beim Durchblättern des Buches durchschreiten wir einen Raum mit eingeschnittenen Wohnungsgrundrissen, Treppen, Durchbrüchen und Leerstellen. Die präzise gesetzten Texte blenden auf den Seiten immer wieder aus und entgleiten uns, an anderer Stelle zerfallen die Texte auf den Seiten, einzelne Worte schweben im Raum.

Das Buch war Teil der Einzelausstellung Die Topografie der wOrte im Ausstellungsraum bunker k101 in Köln und entfaltet in den Räumen des ehemaligen Luftschutzbunkers seine ganz eigene Wirkung. Der Luftschutzbunker wurde 1942 neben dem Grundstück der in der Reichspogromnacht zerstörten Synagoge erbaut und diente in den letzten Kriegsjahren als Schutz vor Lufftangriffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er als Wohnraum für ausgebombte Familien genutzt. In einer Rauminstallation mit skulpturalen Arbeiten und Audioinstallationen spiegelt sich das Buch wOrte in dem geschichtsträchtigen Ausstellungsort und erweitert sich zu einem Gesamtkunstwerk. In den Ausstellungsräumen, die selbst wie ein Wohnungsgrundriss anmuten, hören wir in regelmäßigen Abständen gesprochen Textstücke, die uns immer wieder aufschrecken lassen, skulpturale Objekte sind wie erratische Blöcke im Raum platziert und wirken wie Sinnbilder unserer Erinnerung. Unter der planen Oberfläche tun sich Risse, Falten und Vertiefungen auf, in denen sich Details von wiedererkennbaren vertrauten Zeichen aufscheinen, die als partes pro toto auf größere Zusammenhänge verweisen: Die eigene Sozialisation, das Zurückgelassene, Erstarrte und Verdrängte.